Titel: Paula Rego in her studio, London 2009 © Shutterstock

Der Vater sitzt in Schlips und Anzug auf dem gutbürgerlichen Ehebett. Er wird von Ehefrau und Tochter festgehalten und ausgezogen – und das nicht gerade zimperlich. Mit ihrem Arm hält ihm die Gattin Mund und Nase zu. Die Tochter steht zwischen seinen gespreizten Beinen und blickt ihn streng an. Das Schlafzimmersetting, aber auch die körperliche Nähe von Vater und Tochter legen einen sexuellen

Übergriff nahe: die erzwungene Unterwerfung des Vaters? Oder eher eine Rache der misshandelten Mutter und Tochter? Das Bild bleibt mehrdeutig: „The Family“ von Paula Rego inszeniert keine romantische Familienidylle, sondern legt die Familie als Ort sexualisierter Gewalt und Unterwerfung offen. Irritierend daran: Eine eindeutige Opfer-Täter-Zuweisung ist nicht möglich. Frauen sind
(Mit-)Täterinnen. 

In die groteske Bilderwelt der portugiesisch-britischen Künstlerin einzutauchen heißt, sich mit unerhörten Geschichten,gruseligen Figuren und düsterem Humor auseinanderzusetzen, aber auch mit Ambivalenzen und Uneindeutigkeiten. 1935, während der Diktatur António Salazars, in wohlhabende Verhältnisse Lissabons geboren, besuchte die 2022 verstorbene Künstlerin die Londoner Slade School of Fine Art und lebte fortan zwischen Portugal und Großbritannien. Zeitlebens setzte sie sich künstlerisch mit der Diktatur, die bis 1974 andauerte, aber auch mit Portugals kolonialer Vergangenheit auseinander. Sie sc…