Die Romantisierung von Angela Merkel
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Es war ein bedeutendes, vielleicht sogar das deutsche Sachbuchereignis des Jahres 2024: die Memoiren der früheren Kanzlerin Angela Merkel, der ersten Frau an der Spitze der Bundesrepublik Deutschland. Verfasst hat sie die 70-Jährige nicht etwa mit journalistischer Unterstützung oder der eines*r Ghostwriter*in, wie sonst üblich bei solchen Autobiografien, sondern gemeinsam mit ihrer langjährigen Büroleiterin Beate Baumann.
Die im Vergleich mit anderen Werken des Genres überbordende Aufmerksamkeit und intensive Rezeption von „Freiheit“ lässt sich dabei weder mit dem Inhalt noch der Form des Buches erklären. Dass
auf knapp 740 Seiten nichts Neues zu erfahren ist, weder aus dem Privat- oder Innenleben Merkels noch aus 16 Jahren Kanzlerinnenschaft, haben schon viele Rezensent*innen festgestellt. Um es etwas deutlicher zu sagen: Merkels Memoiren sind stinklangweilig. Nahezu alles, was darinsteht, war längst bekannt: über ihre Kindheit, Jugend und Arbeit in der DDR („Ich wurde nicht als Kanzlerin geboren“), die Wende und Merkels Engagement für die Vereinigung von Ost- und Westdeutschland („Ein demokratischer Aufbruch“), ihre Zeit als Ministerin unter Helmut Kohl und als Parteivorsitzende („Freiheit und Verantwortung“) und schließlich ihre Kanzlerinnenschaft („Deutschland dienen“). Von besonderer literarischer Qualität ist das Machwerk auch nicht, ganz im Gegenteil: „Freiheit“ ist sprachlich und stilistisch limitiert, geschrieben für Freund*innen der Hauptsätze und im Präteritum gehalten wie ein Schüler*innenaufsatz.
Noch bemerkenswerter als der kommerzielle Erfolg – ungeachtet des stolzen Preise…