Im Gerichtsprozess um Gisèle Pelicot wurden 51 Männer verurteilt. In unserer Vergewaltigungsgesellschaft fühlen sich Männer zu sicher, Frauen zu missbrauchen.
Als der Prozess Anfang September 2024 vor den Augen der Weltöffentlichkeit begann, vor Journalist*innen, die aus der ganzen Welt angereist waren, „stand Gisèle Pelicot ihren 51 Vergewaltigern zum ersten Mal gegenüber“, erinnert sich Anna Margueritat. Die Fotoreporterin, die den ganzen Prozess begleitete, beschreibt, wie sie zum ersten Mal „eine gebrechliche Frau mit einer Sonnenbrille und ihren beiden Anwälten vor einem Block von vierzig Verteidigern“ sah. Das Zusammentreffen so vieler Verbrecher in einem Gericht ist ein Novum, sodass für die Männer, die auf ihre Anhörung warteten, eigens ein separater gläserner Raum eingerichtet wurde. Während die Angeklagten anfangs noch mit bedecktem Kopf und Maske im Gericht erschienen, änderte sich ihre Haltung im Laufe des Prozesses. Unter den Männern entwickelte sich ein Gefühl der Kameradschaft und es begann sich eine Art
„Boysclub“ zu formieren, der Frauen beleidigte, wie Margueritat es beschreibt. „Die meisten Männer sehen nichts Falsches an ihren Taten“, erzählt sie. „Der Angeklagte Dominique Pelicot wird als Monster beschrieben, der Rest der Männer als seine Opfer und als Opfer bösartiger Feministinnen; vor Gericht haben sie den Frauen dreist auf den Hintern geschaut, ihnen zugezwinkert und die Presse angebrüllt“, berichtet sie. Einer der Angeklagten zeigte ihr den Mittelfinger und nannte sie eine „Scheißjournalistin“.
Der Fall Pelicot ist gleichzeitig so exemplarisch für unsere Epoche, wie er durch sein tragisches Ausmaß einzigartig ist. Von Anfang September bis Dezember 2024 wurde in Avignon in Südfrankreich die sogenannte Affaire Pelicot verhandelt, die das Land und die Welt zutiefst erschütterte und die strukturelle Dimension von sexuellem Missbrauch in neuem Licht präsentierte.
Im Jahr 2020 wurde Dominique Pelicot, Familienvater und Großvater, in einem Supermarkt in der Nähe der Kle…