Viele Mitglieder*innen der russischen Punkband Pussy Riot stehen mit dem Rücken zur Kamera. Sie tragen schwarze Kleidung und rosa Mützen.
© Max Avdeev

Es ist kalt und düster an diesem Novemberabend, der graue Klotz der ehemaligen Stasi-Zentrale in Berlin-Lichtenberg verbreitet pure Beklemmung. In seinem Hof werden gleich Pussy Riot zum 35-jährigen Jubiläum des Mauerfalls auftreten. Durch die Absperrgitter führt mich einer der Organisatoren in den Backstagebereich: Ein kalt beleuchteter Meetingraum im sechsten Stock, in dem einige Pussy-Riot-Mitglieder ihre Bühnenkostüme auf Bürotischen ausgebreitet haben, sich schminken oder mit selbstironischen Witzen über ihre russische Identität Wodka trinken. Niemand beachtet mich, der altgediente russische Oppositionelle, der mir in seiner Funktion als Wegbegleiter/Manager der Gruppe

zwei Tage vorher per WhatsApp ein Interview an diesem Abend in Aussicht gestellt hat, schlurft müde und dauertelefonierend in Hausschuhen durch die Gänge. Die Stimmung ist gut, unübersichtlich viele Gäst*innen schwirren durch den Raum, Scherze auf Russisch und Englisch fliegen durch die Luft. Mein Blick fällt auf eine schusssichere Weste, die aus einem Koffer ragt. Bühnenprop, optische Täuschung oder doch Lebensversicherung? Marija Aljochina, genannt Mascha, die als letztes Bandmitglied in den Raum kommt und hastig einige Pommes vom Catering herunterschlingt, wird später im Interview zu mir sagen, dass sie keine Angst habe, von Putins Regime getötet zu werden.

Pussy Riot existieren seit 2011, aber außer dem Gründungsjahr in Moskau und den politischen Aktionen mit den markanten bunten Sturmhauben gibt es wenig konkrete Fakten über das lose, mittlerweile international tätige Kollektiv. Die Mitglieder treten an unterschiedlichsten Orten mal unmaskiert alleine, mal als kleine oder große Gruppe mit Maskierung…