Schlager ist Schwarz
Von
Interview: Joana Tischkau

Warum ausgerechnet eine Performance zu Schlagermusik?
Vor vier Jahren war ich an der Gründung des Deutschen Museums für Schwarze Unterhaltung und Black Music beteiligt. Unsere Recherche dafür begannen wir mit den 1930er- bis 1950er-Jahren, als Popkultur durch Schallplatten und andere Artefakte massentauglich wurde. Viele Schwarze deutsche Künstler*innen machten damals deutsche „Volksmusik“. So auch Marie Nejar, die den Zweiten Weltkrieg überlebte, indem sie als Kinderschauspielerin in rassistischen Propagandafilmen mitwirkte. Schlager ist
eine Musikrichtung, die vermeintlich niemand hört, die aber trotzdem in Deutschland kommerziell am erfolgreichsten ist. Viele Künstler*innen, mit denen ich arbeite, haben bereits für Schlagerstars im Background gesungen oder getanzt. Wer in Deutschland mit Kunst Geld verdienen will, kommt oft nicht an Schlager vorbei.
Wie steht die Performance im Verhältnis zu Pina Bauschs Werk „Ich bring dich um die Ecke“ von 1974, das ebenfalls den Untertitel „Schlagerballett“ trägt?
Pina Bausch, die als Erfinderin des deutschen Tanztheaters gilt, schuf mit ihrem „Schlagerballett“ eine frühe Arbeit, in der deutsche Schlagersongs der 1940er- und 1950er-Jahre performt wurden. Sie öffnete ein multidisziplinäres Bühnenspielfeld: Die Tänzer*innen sangen, sprachen und spielten zusätzlich. Doch sie stellt die Nachkriegsgeschichte aus einer weißen deutschen Perspektive dar, ohne die Erfahrungen eines diversen Ensembles zu berücksichtigen. In unserer Performance fragen wir: Welche Bewegungsästhe…