Sie überleben, weil sie zusammenhalten
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Panzer der Vereinten Nationen rollen durch Goma. Lastwagen mit Soldat*innen der kongolesischen Armee rasen an fliehenden Zilivist*innen vorbei. Sie tragen Matratzen und Kochtöpfe und rennen ins Zentrum der Stadt. Schüsse knallen, Bomben dröhnen von der Front. Das sind Szenen aus dem Krieg im Osten der Demokratischen Republik Kongo, kurz bevor Goma fällt. Die Hauptstadt der Provinz Nord-Kivu ist am 26. Januar dieses Jahres besetzt worden.
Die Miliz mit dem Namen Bewegung des 23. März, abgekürzt M23, nach dem Französischen Mouvement Du 23 Mars, hat die Stadt erobert. Sie hat nach dem ersten Krieg 2012/13, als die Armee und die UN-Blauhelmsoldat*innen die Miliz besiegt hatten, nun den Krieg in Nord-Kivu vor bald vier Jahren angezettelt. Die Region ist reich an fruchtbaren Feldern und Bodenschätzen.
Immer, wenn hier Bomben fallen, werden die Betten in den Krankenhäusern von Goma knapp. Viele Verletzte sind Kinder und Frauen. Das war schon vor zwei Jahren so. Damals lag Ngerageze Mwamini im Krankenhaus der Baptistenkirche in Goma. „Ich habe mich mit Nachbarn unterhalten. Plötzlich ist ein
Geschoss eingeschlagen und hat meine Wade zerfetzt“, erzählt die 25-jährige Kongolesin. Sie blutete und konnte nicht mehr laufen. Ein Nachbar trug sie auf dem Rücken zur Krankenstation in ihrem Dorf, wo jedoch niemand das Blut stillen konnte. So ist sie mit einem Motorradtaxi eine Stunde lang über Stock und Stein in die nächste Stadt gefahren. Aber auch dort konnte niemand helfen. Sanitäter haben sie dann in einem Krankenwagen nach Goma gefahren. Wie Mwamini ergeht es vielen Verletzten.
Der aktuelle Krieg hat seit Januar 900.000 Menschen vertrieben. Insgesamt leben vier Millionen Frauen, Kinder und Männer in Lagern oder bei Gastfamilien. Das ist fast die Hälfte der Bevölkerung von Nord-Kivu. Die Gastfamilien sind selbst arme Familien, die regulär in Goma wohnen. Wenn Krise ist, kommen ihre Freund*innen und Verwandten aus den Dörfern und wohnen bei ihnen. Das bedeutet, dass Familien, die normalerweise mit zwölf Leuten in einem Haushalt leben, plötzlich dreißig Menschen zählen. Platz und Nahrung werden …