© Theresa Stritzinger

Mahdi schiebt sich eine gezuckerte Mandel nach der anderen in den Mund. „Jetzt ist aber genug“, sagt Hana Kazem mit einem Lächeln in der Stimme zu ihrem Sohn. Der Vierjährige schnappt sich noch eine, dann beginnt er, vom Sofa auf den Boden zu springen. Das circa 15 Quadratmeter große Schlaf- und Wohnzimmer wird zum Spielplatz, wenn Mahdi aus der Kita kommt.

„Er ist aufgedreht“, sagt Hana Kazem. „Er weiß jetzt, dass er die nächsten Tage bei mir ist. Bei mir kann er ganz frei sein.“ Drei Tage in der Woche schläft Mahdi bei seiner Mutter in der kleinen Zwei-Zimmer-Wohnung in einer deutschen Großstadt. Die übrigen Tage verbringt er bei seinem Vater. Obwohl Kazem nur eingeschränkte Umgangsrechte mit ihrem Sohn hat, sieht sie Mahdi jeden Tag. Auch in der Wohnung des Kindsvaters ist es sie, die ihren Sohn zu Bett bringt und morgens aufweckt, um mit ihm zur Kita zu fahren.

Kazem lebt ein Schattenleben. Kurz nach Mahdis Geburt trennte sie sich von seinem Vater, weil er sie sexuell und psychisch misshandelte. Dann verlor sie das Sorgerecht. Um dennoch in Kontakt mit ihrem Sohn zu bleiben, übernimmt sie den großen Teil der Erziehung und Sorge. Sie erhält dafür weder

Kindergeld noch einen sonstigen Ausgleich. Und sie muss fast täglich einem Mann begegnen, der sie weiterhin beleidigt und belästigt. Aus Sicherheitsgründen will Kazem anonym bleiben, sie und ihr Sohn heißen eigentlich anders.

Das verschwommene Bild einer Frau von Hinten.
© Theresa Stritzinger

Kazems Geschichte ist kein Einzelfall. Immer wieder müssen gewaltbetroffene Mütter den gewalttätigen Vätern Umgang zu den gemeinsamen Kindern ermöglichen, selbst wenn Mütter und Kinder dadurch einem großen Risiko ausgesetzt werden. Und immer wieder verlieren gewaltbetroffene Mütter sogar das Sorgerecht, weil ein kompliziert verzahntes System aus Jugendamt, Familiengericht, Gutachter*innen und Verfahrensbeiständen gegen sie arbeitet.

Dieses Versagen ist bekannt. Ei…