„STAND UP!“ in der Staatsgalerie Stuttgart
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Kubismus, Dadaismus und Surrealismus sind als Teil der historischen Avantgarde längst kanonisiert. Doch „eine der bedeutendsten Kunstströmungen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, die feministische Kunstbewegung“, wird erstaunlicherweise „nicht mit dem Begriff ,Avantgarde‘ assoziiert“, kritisiert die österreichische Kunstkritikerin und Kuratorin Gabriele Schor im Sammlungskatalog „Feministische Avantgarde“. Und das, obwohl sie die avantgardistischen Charakteristika geradezu idealtypisch aufweist.
Seit 2004 ist Schor Gründungsdirektorin der Sammlung Verbund Wien, die angetreten ist, um feministischer Kunst endlich die kunsthistorische Anerkennung zu verschaffen, die sie verdient. Die Staatsgalerie Stuttgart trägt dazu bei, indem sie mit der Schau „STAND UP! Feministische Avantgarde. Werke aus der SAMMLUNG VERBUND, Wien“ über zweihundert Arbeiten von Künstlerinnen der 1970er-
Jahre präsentiert, darunter etwa VALIE EXPORT, Cindy Sherman, Martha Rosler, Judy Chicago, Birgit Jürgenssen oder Renate Bertlmann. Ihnen gemeinsam ist, dass sie den feministischen Slogan „Das Private ist politisch“ konsequent auch auf die Regeln der Kunst anwenden: Sie beharren mit ihren Arbeiten darauf, dass das Private auch von künstlerischer Relevanz ist. Arbeiten wie etwa Martha Roslers parodistisches Video „Semiotics Of The Kitchen“ oder Mary Kellys Installation „Post Partum Document“ bringen dafür weibliche Lebensrealitäten auch in Form von Kochlöffeln und vollgekackten Windeln ins Museum. Sie formulieren damit eine radikale Kritik an der Trennung zwischen Werk und ihrem Leben als Künstlerin. Von der Konzeptkünstlerin Adrian Piper wird diese Unterscheidung mit der traditionellen vergeschlechtlichten Arbeitsteilung verglichen. Auch die Kunsthistorikerinnen Rozsika Parker und Griselda Pollock betonen, dass die „Geschlechtertrennung in der Kunsthierarchie“ mit der Abwertung reproduktiver Arbeit korre…