Die Fantasie der einsamen Insel
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Du willst unter Gleichgesinnten frei sein, an einem geschützten, zärtlichen Ort? Hast existenzielle Ängste und vertraust dem Staat nicht? Finde dein Glück auf einem exklusiven Archipel, fernab der aufwühlenden Gegenwart.
Für diejenigen, die das wollen – und wer würde das aktuell nicht –, sollte Geld keine Rolle spielen. Denn es ist das „eine Prozent“, das sich auf Inseln zurückzieht: Mark Zuckerberg bspw. baut einen Luxusbunker auf Hawaii, Peter Thiel hat Hunderttausende Dollar an Projekte wie das Seasteading Institute gespendet, das autonome, mobile Gemeinschaften auf Seeplattformen in internationalen Gewässern errichten will. Eine „feministische“ Spielart dieser Fantasie war bis vor Kurzem
SuperShe Island, eine Insel in der Ostsee, auf der ausgewählte Frauen sich erholen, vernetzen und „empowern“ konnten – ohne Ablenkung durch Männer, für 4600 Dollar pro Woche. Gegründet wurde SuperShe Island 2017 von Kristina Roth, ehemals CEO in der Tech-Beratungsszene. Aber überreiche Tech-Bros und Girl-Bosses wollen sich nicht nur von den lästigen Nebenwirkungen des Kapitalismus abschotten – oft träumen sie auch deshalb davon, Inseln zu kaufen, um sich nerviger Steuern und hinderlicher Demokratien zu entledigen, wie eben das anarchokapitalistische Seasteading-Projekt.
Aber gab es den feministischen Rückzug auf Inseln nicht schon mal, vor der kommerziellen und elitären Variante? Ein Beispiel dafür ist die lesbische Community auf der griechischen Insel Lesbos. Seit den 1970er-Jahren zog es Lesben aus aller Welt dorthin, um für den Sommer patriarchale und heteronormative Strukturen hinter sich zu lassen und einen Safe Space zu finden. Der Dokumentarfilm „Lesvia“ (2024) von Tzeli Hadjidimitriou, s…