Lieblingsstreberin: Mari Sawadi
Von Amelie Persson

Mari Sawadi ist Mitte dreißig und bereit fürs Eigenheim mit Garten. Mit ihrer kleinen Patchworkfamilie, bestehend aus ihrem Partner Theo und ihrer Teenietochter Zoe (aus früherer Beziehung), zieht sie in eine Doppelhaushälfte im Berliner Umland. Wie ein extended Kammerspiel erzählt die Comedy-Serie „Doppelhaushälfte“ mittlerweile in der vierten Staffel von Vorurteilen, Missverständnissen und Nachbarschaftskonflikten und treibt diese immer weiter auf die Spitze. Verständlicherweise triggert der unterschwellige Kleinstadtrassismus der Nachbar*innen im Ort die impulsive Mari permanent. Sie selbst hat einen iranischen Background, ihr Partner Theo ist Afrodeutscher. Maryam Zaree spielt die eloquente Karrierefrau (Arbeitgeber ist ein Elektroautohersteller), deren ausgeprägter Gerechtigkeitssinn sie permanent an die Decke gehen lässt. Wortreich belehrt sie, wer auch immer ihr in die Quere kommt. Und da Tochter Zoe auf Durchzug schaltet und der sanfte Theo kaum Angriffsfläche bietet, arbeitet Mari sich an den Bewohner*innen der anderen Haushälfte ab, denn ihr Alltag ist fortan unweigerlich verknüpft. Im Garten der Nachbarfamilie Knuppe weht eine Deutschlandflagge, doch nicht alles ist, wie es scheint. Es stellt sich heraus, dass auch Mari trotz ihrer vermeintlichen politischen Korrektheit voller Vorurteile ist. Ihr Antagonist ist der ostdeutsche Andi Knuppe (Milan Peschel), stets im Jogginglook anzutreffen, mit seiner bonbonfarben aufgedonnerten Frau Tracy, deren Eltern aus Vietnam stammen. Umwerfend spielt Minh-Khai Phan-Thi die chronisch unterschätzte Nagelstudio-Betreiberin, die mit Berliner Schnauze alles knochentrocken kommentiert und ihre Nachbarin belustigt-genervt beobachtet. Klischees und Vorurteile werden bis zum Gehtnichtmehr hochgejazzt und es wird in alle Richtungen ausgeteilt. Wahrscheinlich wäre die liebenswerte Mari im Hipsterstadtteil nicht weniger dauerentrüstet über die Zustände um sie herum. Sie geht immer wieder über ihre Grenzen, um das zu tun, was sie für richtig hält, und gemeinsam mit den Nachbar*innen kriegt sie immer die Kurve. Denn wenn sie eines verbindet, dann der Humor.
Die Comedy-Serie „Doppelhaushälfte“ läuft seit 2022 auf ZDFneo.
Dieser Text erschien zuerst in Missy 04/25.