© Inari Sirola

Es ist nicht so, dass ich keinen Sex wollte. Er ist einfach nicht passiert. Ein Jahr oder auch zweimal so lang, wenn man das kurze Intermezzo mit dem Kerl nicht mitrechnet, der jedes Mal nach kurzer Berührung kam und dann ins Bad verschwand. Aber darum soll es nicht gehen. Es geht um Zeit, die verfliegt, ohne Gelegenheit für Sex. 

Unfreiwillige Abstinenz, dachte ich, betrifft vor allem junge Männer, die sich im Internet radikalisieren:

Incels, die vom Recht auf Sex sprechen, und von Frauen, die ihnen selbigen angeblich verweigern. Auch Femcels gibt es, die sich zurückgewiesen fühlen, vielleicht Gewalt von Männern erfahren haben – und andere verurteilen, die Sex haben. Doch meine Abstinenz war nicht politisch und sie hat mich auch nicht politisiert. 

Freiwillige Abstinenz scheint fast schon Lifestyle: Melissa Febos beschreibt in ihrem Buch „The Dry Season“ ihren Sexverzicht als Selbstfindung. Promis wie Lenny Kravitz oder Drew Barrymore leben zeitweise freiwilliges Zölibat. Auf Social Media kommen und gehen Trends wie „Boysober“ oder „Celibacy“. Aber jeder bewusste Verzicht ist Privileg: Wem Sex immer verfügbar ist, der*die kann ihn für eine Zeit ablehnen.

Meine Abstinenz hatte keinen klaren Anfang. Rückblickend war es vielleicht das Ende einer Affäre, dann eine Zeit mit großem Stress, dann eine kleine depressive Episode, dann der Winter. So vergehen ein paar Monate. Ich masturbiere, nur um Druck loszuwerden, ohn…