Sängerin Ikkimel am Samstag den 26. Juli 2025 beim Juicy Festival in Dortmund.
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Fotzen sind überall. Nicht nur in den Lyrics von Musikerinnen wie Ikkimel, Mariybu und sogar Superstar Shirin David, sondern auch in den Thinkpieces großer Medien. Was macht die alte Strategie des feministischen ­Reclaiming auf einmal so interessant?

Ikkimel ist „offiziell die allergrößte Fotze der Stadt“. Mariybu und ihre „Fotzen wollen heute mal was seh’n“. Auf 6euroneunzigs Tour kommen die „Fotzen an die Macht“. Und Shirin David bezeichnet sich als „jung, fotzig und frech“. Ein Rezensent der „Süddeutschen Zeitung“ jammert im Februar 2025 in seiner Besprechung zu Ikkimels Debütalbum: „Das am Valentinstag erscheinende Album ,Fotze‘ nennen, muss das sein?“ Ob das die „Romantik“ sei, „die unsere Zeit verdient?“. Der Titel seines Textes: „Tut weh, lohnt sich trotzdem.“ 

Es scheint, als sei die letzte F-Wort-Bastion endgültig gefallen, und um Romantik geht es dabei wohl als Allerletztes: Noch bis in die 2010er-Jahre hinein war es im Patriarchat kaum möglich für Künstlerinnen, sich als feministisch zu labeln und gleichzeitig als begehrenswert zu gelten. Das änderte der Durchmarsch des Popfeminismus – und nun geht es sogar noch einen Schritt weiter. Die ehemals ultimative Beleidigung „Fotze“ wird frenetisch gefeiert. Ikkimels weibliche Fans jubeln, wenn sie als „geile Fotze mit dem Bombenarsch“ auf der Bühne „Böse Jungs“ in den Zwinger steckt. Mariybu singt in „Dein Ideal“: „Ich bin eine Bitch, eine Schlampe, eine Fotze und du nicht / Ja, ich weiß, du wärst gerne so wie ich“. Und auch die Schriftstellerin Jovana Reisinger freut sich über die Entdeckung eines Adjektivs: „Fotzig war für mich sofort eine verheißungsvolle Zuschreibung: Etwas, das fotzig ist, ist sexy, auffällig, eigenständig, unabhängig, provokant, sassy. Alles, was ich sein will, was mein Outfi…