Feministische Debatten zu Gaza: Ein Versäumnis
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In Deutschland blieben feministische Debatten zur Plausibilität des Völkermord-Verfahrens in Bezug auf Gaza weitgehend aus. Die Islam- und Rechtswissenschaftlerin Nahed Samour schließt mit ihrer Kritik an den Essay der vorigen Ausgabe an.
Am 9. Oktober 2023 erklärte der damalige israelische Verteidigungsminister Yoav Gollant, dass Palästinenser*innen „menschliche Tiere“ seien und dass sie von Elektrizität, Lebensmitteln und Treibstoff abgeschnitten würden. Diese Aussage rief schon ab Mitte Oktober Völkerrechtler*innen und Genozid-Forscher*innen auf den Plan: Sie warnten eindringlich vor dem Risiko eines Völkermords.
Sie beriefen sich auch auf Gollants Ankündigung, dass Israel zu einer „umfassenden Reaktion“ übergehe und dass er „jegliche Einschränkungen“ für die israelische Armee „aufhebe“. Er fügte hinzu: „Gaza wird nicht mehr so sein wie zuvor. Wir werden alles auslöschen.“ Kurz danach richtete der israelische Generalmajor Ghassan Alian eine Botschaft an die Bewohner*innen Gazas: „Menschliche Tiere müssen auch so behandelt werden. Es wird keinen Strom und kein Wasser geben, es wird nur Zerstörung geben. Ihr wolltet die Hölle, ihr werdet die Hölle bekommen.“ Am selben Tag räumte der damalige Sprecher der israelischen Armee, Daniel Hagari, die absichtlich zerstörerische Natur der Bombardierungskampagne Israels in Gaza ein: „Der Schwerpunkt liegt auf Schaden und nicht auf Genauigkeit.“ Es sind diese Aussagen und die darauffolgenden Militärhandlungen, die schon Mitte November 2023 eine Vielzahl an UN-Sonderberichterstatter*innen veranlassten, von einem „sich entfaltenden Genozid“ zu sprechen. Sie appe…