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Eine neue True-Crime-Dokuserie macht endlich die Queerness ­eines Opfers sichtbar – eine Seltenheit. Aber reicht das?

1998 macht die 23-jährige Amy Bradley mit ihrer Familie eine Kreuzfahrt in der Karibik. Nach einer durchfeierten Nacht verschwindet sie spurlos. War es ein Mord, ein Suizid oder lebt Bradley noch?

Eigentlich schien der Fall von der True-Crime-Community schon durchgekaut. Doch die Netflix-Serie „Amy Bradley Is Missing“ offenbart einen neuen Aspekt: Bradley war lesbisch. Dieses Detail kam in Podcasts und Co. bisher nicht vor. Warum? Bradleys Familie scheint ihre Homosexualität abgelehnt zu haben. Aber der Fall zeigt auch, wie Medien mit queeren Opfern umgehen.

Das „perfekte Opfer“ ist weiblich, weiß und wohlhabend. Es verkörpert die Damsel in Distress, eine schwache, feminine Frau in Not, die von einem Mann gerettet werden muss (buchstäblich – oder im übertragenen Sinne von der männlich konnotierten Polizei). Queere Frauen passen nicht in diese Schablone. Sie gelten nicht als stereotyp feminin und für Männer verfügbar. 

Ein weiterer Fall, in dem die Presse lange verschwiegen hat, dass das Opfer lesbisch war, ist der Mord an Kitty Genovese im Jahr 1964. Er gilt als (mittlerweile umstrittenes) Beispiel für den Bystander-Effekt: Viele Menschen beobachten eine Notsituation, aber kei…