Von Katharina Volk

Luca ist erleichtert, sie hat soeben mit neun Kolleg*innen ein Projekt erfolgreich abgeschlossen und das unter erschwerten Bedingungen. Das Management ihres Unternehmens hat ihrem Team einen Projektauftrag erteilt, aber mit einer sehr eng gesteckten Stundenzahl, einem geringen Budget und festgesetzten Gewinnerwartungen. Dann ist auch noch ein Kollege erkrankt und seine Arbeit musste auf die übrigen Kolleg*innen verteilt werden. Erfolgreich waren sie deshalb, weil sie im Team ohne Ende gearbeitet und Arbeit mit nach Hause genommen haben.

Luca und ihre Kolleg*innen arbeiten in einem Unternehmen, das in den 1990er-Jahren selbstorganisierte Teamarbeit eingeführt hat. Selbstorganisierte Teamarbeit ist eine Form der Arbeitsorganisation, mit der das Unternehmen die Beschäftigten indirekt steuert: Die

Chef *innen geben ein Ziel vor, wie dieses erreicht wird, bleibt dem Team überlassen.
Die „indirekte Steuerung“ ist neben der marktförmigen Ausrichtung charakteristisch für gegenwärtige Arbeitsorganisationen in den unterschiedlichen Branchen der Industrie und des Dienstleistungssektors. Lucas Beispiel ist fiktiv, doch viele Personen kennen diese Arbeitsbedingungen. Was vermeintlich progressiv klingt, entstand mit der veränderten Produktions- und Lebensweise in den Industriestaaten schon in den 1960er-Jahren.

Bis in die 1950er-Jahre herrschte in den westlichen Industriestaaten der Fordismus vor. Kennzeichnend für diesen ist einerseits eine industrielle, stark standardisierte Massenproduktion – wie die Fließbandproduktion in der Automobilbranche, die Henry Ford einführte – und eine angestrebte Sozialpartnerschaft zwischen Unternehmen und Arbeiter*innen. Dieses System wird – was häufig in der Erzählung vergessen wird – getragen von einer Lebensweise, in der Frauen die Hausarbeit übernehmen und Män…