mephistopholus„Penis oder Vagina“ fragt Mephistopholus in dem gleichnamigen Song, der überraschend zum Newcomer der Woche in der dritten Staffel von Markus „Kavkas vs. The Web“ gewählt wurde. Doch obwohl die Kommentare zum Song zahlreich waren, ja sogar doppelt so viele wie die anderen Beiträge erhielt, wurde Mephistopholus nicht in die Sendung eingeladen und bekam auch keinen Plattenvertrag, der es ermöglicht hätte, einige Klangcollagen zu veröffentlichen. Offensichtlich ist Mephistopholus mit Themen wie Feminismus, Sexualität, Care, kritische Sozialwissenschaften und freie Bildung hier wohl an die Grenzen von Kavkas (The Web-)Welt gestoßen, der sodann eine andere Band (die vor allem durch ihr Mackergepose auffiel) zum Sieger kürte.

Dabei ist „Penis oder Vagina“ schließlich mehr als zwei Worte, die in der Öffentlichkeit entweder mit provokativem Impetus instrumentalisiert oder dann doch lieber hinter vorgehaltener Hand geflüstert werden. Mit dem Song rechnet Mephistopholus mit prüdem Feminismus, altbackenen Diskursen und gängigen Dichotomien in Universitäten ab. Zudem hat das Lied einen konkreten und aktuellen Hintergrund und handelt von „Petit-Fille-Garçons de merde“, also von Kindern/Menschen mit uneindeutiger Geschlechterrolle, die in unserer Gesellschaft noch immer diskriminiert werden und häufig im Abseits leben.

Wer oder was ist aber Mephistopholus? Mephistopholus – das ist vor allem Kunst: Collagen, Musikstücke, Zeichnungen und Filmfragmente. Dreh- und Angelpunkt ist die MySpace-Seite, auf der die zahlreichen Arbeiten versammelt sind. Annika van Vugt, derzeit Doktorandin (Kritische Auseinandersetzung mit der alten Frauenbewegung) und Mitglied im Zentrum für Gender Studies in Marburg, hat das Projekt Mephistopholus 2007 gegründet. Sie sieht sich als „persönliche Assistentin“ von Mephistopholus und sich selbst als Künstlerin. Eine Grenzgängerin zwischen Kunst und Wissenschaft also.

Mephistopholus – das ist Surrealismus und die progressive Seite der Romantik, wie Annika Van Vugt das Projekt beschreibt. Sie hat sich lange mit Serge Gainsbourg beschäftigt, ebenso wie mit Judith Butler. Ein Beispiel für die Arbeit von Mephistopholus ist die „Collage Feminist“, die einen barbusigen Frauenkörper vor der Philosophischen Fakultät Marburg zeigt, wobei das Gesicht mit einer Fotografie von Serge Gainsbourg verdeckt ist. Mephistopholus sagt dazu: „Das ist kein Zufall, denn auch Gainsbourg war sehr queer.“ Als Inspirationsquelle zu dieser Arbeit nennt Mephistopholus Hannah Weitemeier und das „Busenattentat“ auf Adorno von 1969, welchem Mephistopholus ein ähnliches Gewicht zumisst wie dem Tomatenwurf von 1968.

Mittlerweile hat Mephistopholus auch andere MitstreiterInnen ins Boot geholt. Mit Marc Goymann hat Annika Van Vugt zum Beispiel ein erstes Fragment über die Philosophische Fakultät Marburg gedreht. Im Sommer 2010 soll es damit weitergehen. Auch Exkursionen sind geplant. Wir sind gespannt und warten auf viel Neues und Inspirierendes aus dem mephistopholienischen Kosmos.