denkwerstatt-rahmenWikiLeaks-Gründer Julian Assange ist heute in London verhaftet worden, nachdem er sich der Polizei gestellt hatte. Ihm wird in Schweden die Vergewaltigung von zwei Frauen vorgeworfen; Assange selbst bestreitet dies und vermutet eine politische Verschwörung.

Wie die Vergewaltigungsvorwürfe im Detail entstanden sind, das schildert heute die Daily Mail Online unter dem Titel „The Wikileaks sex files: How two one-night stands sparked a worldwide hunt for Julian Assange.“ Ob Assange tatsächlich sexuelle Gewalt verübt hat oder das Opfer einer Verschwörung ist – darüber gibt es wohl noch keine verlässliche Auskunft. Was uns die Daily Mail nahe legt und vor allem wie sie das tut, ist aber durchaus interessant.

Zusammengefasst liest sich die Geschichte folgendermaßen: Zwei junge, attraktive Frauen, die glühende Verehrerinnen von Julian Assange sind, trafen Assange im Rahmen einer Konferenz in Stockholm. Beide hatten Sex mit ihm. Einmal weigerte sich Assange, ein Kondom zu benutzen, ein anderes sei geplatzt. Nachdem die beiden Frauen miteinander gesprochen hatten und so herausfanden, dass sie nicht die einzige waren, mit der Assange innerhalb weniger Tage verkehrt hatte, gingen sie gemeinsam zur Polizei und übten Rache. Aus Angst vor einer ansteckenden Krankheit, oder aber aus verletztem Stolz.

Um diese Vermutungen plausibel zu machen, nutzt die Daily Mail die Beschreibung einer der beiden Frauen: „An attractive blonde, Sarah was already a well-known ‘radical feminist’. (…) While a research assistant at a local university she had not only been the protegee of a militant feminist ­academic, but held the post of ‘campus sexual equity officer’. Fighting male discrimination in all forms, including sexual harassment, was her forte.“

Und als „Sarah“ herausfindet, dass Assange auch mit einer anderen Frau geschlafen hat: „How must Sarah have felt to ­discover that the man she’d taken to her bed three days before had already taken up with another woman? ­Furious? Jealous? Out for revenge?“ Dennoch entschließt sie sich dazu, sich mit der „Konkurrentin“ zusammenzurotten und geht zur Polizei: „Sarah, the seasoned feminist warrior, said she was there merely to support Jessica.“

Dann erhalten die beiden Frauen auch noch zwielichtige Unterstützung: „The two women then instructed Claes Borgstrom, a so-called ‘gender lawyer’ who is a leading supporter of a campaign to extend the legal ­definition of rape to help bring more rapists to justice.“

Jetzt ist der Fall also klar: Die Vorwürfe entpuppen sich als das Komplott einer militanten Feministin. So oder so ähnlich will uns das die Daily Mail wohl nahe legen. Eine Feministin schreit ja schließlich schon „Vergewaltigung“, wenn ihr jemand an die Brüste fasst. Oder würde rein aus Männerhass einen Mann ans Messer liefern – das sind hier die Konnotationen, die geweckt werden. Da bleibt dann nur noch eine Frage offen: „How reliable are the two female witnesses?“ Selbst wenn sich die Verteidigung von Julian Assange noch als ein nobles Unterfangen herausstellen wird, die Daily Mail hat ganz klar die falsche Strategie dafür gewählt.