Was passiert, wenn musikbegeisterte Menschen Eltern werden? Bei Romy Zips, Booking Agent und DJ, und Tyler Pope, Musiker bei !!! und LCD Soundsystem, hat Tochter Ada erstmals für Stille gesorgt.
Unserer Wohnung sieht man gleich an, dass es hier musikalisch zugeht. Das Plattenregal von Tyler und mir reicht über eine ganze Wand. Gegenüber ist eine DJ-Booth installiert mit guten Boxen, Allen & Heath-Mixer und zwei Technics 1210ern. Am Schreibtisch wird hauptsächlich gesequenct und der Kabelsalat auf dem Boden ist nicht zu übersehen. Und ja: Natürlich läuft immer irgendeine Platte.

Oder lief, muss man wohl eher sagen. Denn seit letztem Herbst haben wir eine empfindliche kleine Mitbewohnerin, die den Dezibelpegel in unserer Wohnung drastisch sinken ließ. Die Plattenspieler wurden von Adas Stubenwagen verstellt und staubten langsam ein. Ich stillte fast die ganze Zeit und das ging am besten ohne irgendwelche Hintergrundgeräusche. Sobald sie schlief, flüsterten wir nur noch und schlichen auf Zehenspitzen umher, damit sie nicht gleich wieder wach wurde. Das Ausräumen des Geschirrspülers wurde zum Mikado-spiel (das Zusammenknallen zweier Teller misst um die 80 dB), und wenn einer aus Versehen etwas fallen ließ, gab es schon mal böse Blicke.

So vergingen die Wochen in weitgehender Geräuschlosigkeit, ausgenommen natürlich von den durch uns vorgetragenen Schlafliedern und den durchaus lauten Kreischattacken der Kleinen. Als Ada drei Monate alt war, lasen wir, dass Babys Reggae mögen, da das Tempo dem menschlichen Herzschlag ähnelt, dem sie im Bauch schon intensiv ausgesetzt waren. Der mittlerweile sowieso zu kleine Stubenwagen wurde kurzerhand entsorgt und die Plattenspieler endlich wieder in Betrieb genommen. Tatsächlich schienen Bob Marley und Ricky Grant einen beruhigenden Effekt auf Ada auszuüben. Das ermutigte uns, auch mit anderen Stilen zu experimentieren. Wir tanzten mit ihr auf dem Arm durch die Wohnung und freuten uns, wenn sie zu Raymond Scott laut „mitsang“. Nach und nach hörten wir all unsere Lieblingsalben mit ihr, während sie ihre ersten Drehungen auf dem Boden vollführte. Nina Simone, Don Cherry, Robert Wyatt und JaKönigJa wurden zum Soundtrack ihrer ersten Krabbelversuche.
Heute, nach neun Monaten, sind wir immer noch nicht bei unseren alten Hörgewohnheiten angelangt, und ich denke, die Tage, an denen wir full blast Ghettohouse hören konnten, sind wohl für immer vorbei. Aber weniger musikalisch ist es bei uns auch nicht geworden – eben nur ein bisschen leiser.

Text: Romy Zips