Im neunten Jahr ihres Bestehens ist das Duo aus Brighton vieles: Sexier, rauer – psychedelischer. Und absolut selbstbestimmt. Zwölf Songs haben die Blood Red Shoes in dieser Zeit in Eigenregie aufgenommen. In ihrem Kreuzberger Studio waren Gitarristin Laura-Mary Carter und Drummer Steven Ansell sechs Monate lang auf sich gestellt und nur so konnte ihr viertes, selbstbetiteltes Album ein so spannendes werden. Nach dem Opener „Welcome Home“, einem explosiven Instrumental, stellt Steve in „Everything All At Once“ klar, dass hier niemand mehr um Erlaubnis gefragt wird, und überhaupt, man werde jetzt nur noch tun, was man wolle, immerhin könnte morgen schon alles vorbei sein. Zur Punkattitüde der Band passt dies allemal. Der Klangteppich dabei ist schwer, auch die Songs „An Animal“ und „Don’t Get Caught“ sind purer Rock’n’Roll. Bleibt eigentlich nur die Frage, warum der ambitionierte Vorgänger, „In Time To Voices“, so glatt poliert sein musste. In dieser Manier findet man auf „Blood Red Shoes“ kaum noch Stücke, allenfalls „Stranger“ fällt ab und ein wenig durch. Mit dem druckvoll nach vorne gehenden „The Perfect Mess“ wurde das eingängigste Lied als erste Single ausgewählt. Doch neben der sicheren Bank, also den verzerrten Grunge-Gitarren, kommen ebenfalls Elektrospielereien zum Einsatz, wie im Chorus des sonst so ruhigen „Far Away“. Auch das futuristisch angehauchte „Just For A While“ sticht heraus, während „Behind A Wall“ nach Effekten hascht und Laura-Mary so zärtlich klingt, dass ihre kantige Gitarre erst wieder bei „Speech Coma“ ausgepackt wird. Dieser Song handelt von Selbstgesprächen, um Psychosen geht es in „Grey Smoke“ ebenso, in dem erneut ihr starkes Gitarrenspiel dominiert. Nein, ihren Verstand hat die Band nicht verloren, nur die eigene Unzufriedenheit. Bleibt abzuwarten, wie sich das zehnte Jahr der Bandgeschichte entwickeln wird – doch dieser Linie sollten sie treu bleiben. Text: Simone Bauer

Jazz Life /Pias VÖ 03.03.