Von Hengameh Yaghoobifarah

Im September findet in Minsk das meta- queerfest statt, organisiert von der LGBTQ-Gruppe MAKOUT. Neben Workshops, Screenings und Diskussionen gibt es Einblicke in länderübergreifende Subkulturen.
Missy: Wer und was steckt hinter MAKEOUT?
MAKEOUT: Wir sind eine Gemeinschaft, die sich mit Gender, Sexualität und ihre verschiedenen Ausdrucksformen auseinandersetzt. Wir interessieren uns für diese Themen und sind der Meinung, dass sie in weißrussischen Medien und der Öffentlichkeit zu unsichtbar sind. Wir sprechen über Tabus, wir teilen Erfahrungen miteinander und ermutigen andere dazu, sich dem Prozess anzuschließen. Außerdem haben wir ein Archiv über weißrussische LGBTQ-Geschichte angelegt, wo wir Selbstidentifikationen und persönliche Erfahrungen von Betroffenen dokumentieren. Dadurch möchten wir einen Raum schaffen, in dem wir wir selbst sein können.

MAKEOUT ist außerdem ein durch und durch feministisches Projekt, zumal wir verstehen, dass konventionelle Dichotomien die Basis für Diskriminierung und Hierarchien sind. Wir versuchen, die klassischen Ausschlüsse zu vermeiden.

Was habt ihr bisher so gemacht?
Wir haben das Projekt „Coming Out“ gestartet, in dem wir über uns selbst sprechen. Dadurch möchten wir die Sichtbarkeit von LGBTQ-Personen erhöhen. Jede dokumentierte Geschichte handelt auf eine Weise von dem Thema des Coming-Out in Weißrussland. Das Outing an sich bewerten wir in diesem Fall gar nicht, sondern möchten einen sicheren Raum für Selbstrepräsentation und für individuelle Statements anbieten. Zwölf Personen erzählen jeweils ihre Geschichten. Dazu gab es auch eine Ausstellung. Mit diesem Projekt haben wir einen Dialog begonnen, der dabei helfen soll, die Konstruktion des „Wir“ und „Sie“ aufzulösen.
Außerdem organisieren wir jeden Sonntag ein kleines Kino. Wir zeigen Filme, die sich mit Gender und Sexualität befassen und die Themen kritisch durchleuchten. Mit Hilfe einer Moderation diskutieren wir problematische Aspekte der Filme oder verknüpfen die Bilder mit größeren sozialen Kontexten oder aktuellen Fragen. Unser Kinoclub erleichtert es, eine Community aufzubauen, sich zu treffen und über die Repräsentation von Gender und Sexualität in (Mainstream-)Kultur zu sprechen.

Das MAKEOUT-Team. Foto: Artur Motolyanets

Wie sieht es mit der politischen Lage rund um Gender und Sexualität in Weißrussland aus?
Die politische Situation ist sehr herausfordernd. Grundsätzlich sind wir von internationalen Standards und auch dem Status-Quo, den der Staat als erfolgreich benennt, sehr weit entfernt. Geschlechtergleichstellung findet hier insofern statt, dass 30 Prozent der Parlamentmitglieder weiblich sind. Die Frage ist jedoch, ob sich das in den Entscheidungen zeigt und ob Strukturen sich dadurch ändern.

Momentan gibt es zwar keine Gesetze, die ausdrücklich homofeindlich sind, doch es gibt welche, die zum vermeintlichen Schutz der konservativen Familienwerte dienen sollen. Dort ist sehr klar definiert, was eine Familie ist, was alternative Lebensformen erschwert. Außerdem gibt es keine Regelung gegen Homofeindlichkeit, heterosexistische Übergriffe werden als solche nicht dokumentiert. Außerdem sind die Medien gefüllt mit homofeindlicher Hassrede.

Außerhalb des Regierungssektors gibt es nur wenige Initiativen, die zu Gender und Sexualität arbeiten. Diese sind auch nicht in allen Regionen verbreitet und die meisten dieser Gruppen betreffen eher frauenpolitische Themen als LGBTQ.

Ist das meta- queerfest euer erstes Filmfestival?
Wir haben 2014 schon im Rahmen des Cinema Perpetuum Mobile Festivals ein queeres Filmprogramm angeboten und möchten nun ein breiteres Publikum erreichen. Den Anspruch unserer Screenings, Bildung mit öffentlichen Diskussionen zu verbinden, behalten wir bei. Filmsprachen sind für viele Menschen verständlicher als Literatur, deshalb sind Screenings ein gutes Werkzeug zum Verbreiten von Ideen und um sensible Themen zu behandeln.

Was für Filme erwartet ihr?
Ein Anliegen des Festivals ist es, die post-sozialistische Region und ihre queeren Szenen zu untersuchen. Deshalb hoffen wir einerseits auf Einreichungen aus der Umgebung. Das ist ein bisher sehr unsichtbares Feld, das wir beleuchten wollen. Gleichzeitung möchten wir bei den internationalen Beiträgen graswurzelaktivistische Filme zeigen, die Einblicke in die soziale, politische und ökonomische Bereiche queerer Personen aus unterschiedlichen Bildern bieten. Außerdem geht es uns um internationale Kommunikation und Solidarität, die zwischen queeren Communities aus der ganzen Welt geschaffen werden soll. Wir können uns gegenseitig inspirieren.

 Bis Ende April könnt ihr hier auch noch eigene Kurzfilme einreichen!