Zwar werden VJs seit einiger Zeit zunehmend als eigenständige KünstlerInnen wahrgenommen. Aber obwohl sie einen wesentlichen Bestandteil elektronischer Clubkultur darstellen, fehlt ihnen immer noch der klassische Promi-Bonus zahlreicher DJs und MusikerInnen, wenn es um mediale Präsenz und ökonomische Anerkennung geht. Das heuer zum dritten Mal stattfindende Festival sound:frame in Wien kehrt eben dieses Verhältnis grundlegend um – und feiert die Visualisierung elektronischer Musik im großen Stil.

Kuratiert wird das Festival, das 2007 als kleine Ausstellung begann und mittlerweile zum international verankerten Großevent mutiert ist, seit seinen Anfängen von Eva Fischer alias e:v/a, selbst bildende Künstlerin und Visualistin aus Wien. Interessanterweise wird gerade die Wiener VJ-Szene von besonders vielen female artists getragen. Davon zeugte unter anderem auch die im letzten Jahr erschienene DVD-Kompilation des VJ-, DJ- und Produzentinnen-Netzwerks female:pressure.

So ist es auch nicht überraschend, dass sound:frame sein „Live Weekend“ am vergangenen Freitag mit dem Club-Abend „Femmes Illuminées“ eröffnete. Den weiblichen DJs aus Österreich und Deutschland, die die Location „brut“ im Künstlerhaus mit treibenden Techno- und House-Klängen bespielten, standen internationale Visualistinnen gegenüber: Betty Mü aus München, Riri Patafix aus Marseille sowie VJ Azz, wemakevisuals und Eva 4yourEye aus Wien.

Während Betty Mü klassische Pin-Up-Figuren im anti-österlichen Sternenschnee zappeln ließ, legte Riri Patafix Aufnahmen zeitgenössischer Tänzerinnen über expressionistische Anime-Sequenzen und schloss diese mit Straßen- und Kriegsbildern kurz. Die aus Taipeh stammende und in Wien lebende VJ Azz wiederum (laut Selbstbeschreibung „domestically famous for her dark yet colorful animation + polite but pushy images“) schob ihre bewusst „flat“ gehaltenen und klassische Weiblichkeitsbilder parodierenden Comic-Figuren aus allen Ecken und Richtungen durchs Bild. Minimalismus der anderen Art pflegt das seit 2008 aktive Duo wemakevisuals (alias conny + keinponny), das mit seinen sauberen Vektorgrafiken eine abstrakte Bilderspur erzeugt, die mit analogen Fotografien kombiniert wird.

Dass das sichtbare Bild bei all dem tatsächlich im Mittelpunkt stand und nicht, wie so oft, zur Illustration oder Deko herabgestuft wurde, verdankte sich nicht nur der exponierten Bühnenpräsenz der VJs, die gut sichtbar gegenüber den DJs in der Mitte des Raumes platziert waren, und den zahlreichen Monitoren und Projektionswänden. Auch das Publikum verfolgte mit ungewöhnlich hoher Aufmerksamkeit den (Re-)Mix aus Found Footage und selbst produziertem Material, aus dem die VJs neue Bilder und witzige, skurrile und surreale Geschichten kreierten. Tanzen war willkommen, wurde aber schnell zur Nebensache.

Vielleicht wird es also Zeit für ein Update des alten Slogans. In Zukunft wird es auch heissen: Last night a VJ saved my life!

Text: Vina Yun

Eva Bischof-Herlbauer und Gery Herlbauer vom VJ-Team 4youreye bespielen die Leinwände im „Brut“.

Copyright oben: sound:frame 2009; Copyright Foto: 4youreye (Eva Bischof-Herlbauer, Gery Herlbauer), Wien, www.4youreye.at