Schneewittchen schmeißt den Haushalt, während die sieben Zwerge im Bergwerk nach Edelsteinen graben. Dornröschen sticht sich an einer Spindel und schläft ein. Rapunzel ist gefangen in einem Turm. Beide warten darauf, dass die Prinzen angeritten kommen, um sie zu retten.

Schwesterchen kümmert sich um die Waldhütte und um ihr Brüderchen, das – verwandelt in ein Reh – den ganzen Tag im Wald spielt. Die von der bösen Zofe zur Gänsemagd degradierte Königstochter wird dem kleinen Kürtchen als Gehilfin beim Gänsehüten zugeteilt und die Müllerstochter wird zum Goldspinnen verdonnert. Ich könnte noch endlos viele Märchen nennen, die alle die gängigen Klischees erfüllen.

Die Prinzessinnen sind meistens drinnen und verrichten entweder stupide Hausarbeit, kümmern sich des öfteren um Zwerge, Geschwister oder Tiere und warten auf die Rettung durch die Prinzen, die währenddessen die wildesten Abenteuer bestehen müssen, um der Prinzessin wert zu sein.

Ich liebe Märchen, aber diese konservativen Zuschreibungen gehen mir gehörig auf den Senkel! Darum wollte ich im Rahmen dieses Blogs ein Experiment machen und die Geschlechterrollen in einem Märchen umdrehen. Aber kann das funktionieren, ohne dass das Märchen seinen Zauber verliert? Was zur nächsten Frage führt: hängt dieser Zauber tatsächlich von diesen passiven – Hauptsache schönen Prinzessinnen ab? Oder gibt es auch emanzipierte Märchenprinzessinnen? Die Antwort ist: ja, es gibt sie. Zumindest in Ansätzen und auch nur in den jüngsten Märchenadaptionen (zumindest so weit ich weiß. Ich lasse mich aber gerne eines Besseren belehren). Disney ist beispielsweise ein Produzent von solchen modernen Prinzessinnen. Sowohl Rapunzel als (und vor allem) auch Merida sitzen nicht untätig herum und warten auf das Happy End. Und es gibt auch weniger bekannte Produktionen wie „The practical princess“, zu finden auf Youtube, wo die Prinzessin ihre Rettung gleich mehrfach selber in die Hand nimmt und nebenbei den Prinzen gleich mitrettet.

Aber zurück zu meinem Experiment. Wie funktioniert diese Umkehrung am besten? Soll ich nur die sozialen Geschlechter tauschen? Also ein Schneewittchen kreieren, das auf eigene Faust ausgezogen ist, weil es sein Leben selbst bestimmen will und das zusammen mit den Zwergen in das Bergwerk geht und nach Feierabend zusammen mit den Arbeitskollegen kocht und das Haus putzt? Oder soll ich die Geschlechterrollen komplett drehen, so dass Schneewittchen ein Junge ist, der bei den sieben Zwerginnen Unterschlupf findet und für sie den Haushalt schmeißt, während diese die Edelsteine fördern? Der vom bösen Stiefvater vergiftet und, aufgebahrt in einem gläsernen Sarg von der Prinzessin entdeckt und mit dem Kuss der wahren Liebe gerettet wird? Ich weiß tatsächlich noch nicht, wie ich es mache und ob es mir gelingt. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es ein lustiges Märchen der etwas anderen Art wird! Ihr könnt gespannt sein …

Schneeweißchen