Von Judyta Smykowski

Denkt man an Komponist*innen klassischer Musik, erscheint vielleicht folgendes Bild vor dem geistigen Auge: ein vornehmer weißer Herr, der auf seinem Landsitz bei Kerzenschein mit einer Feder ein paar Blätter mit Noten bekritzelt. Natürlich hat es in der klassischen Musik immer schon komponierende Frauen gegeben. Doch diese blieben bis auf wenige Ausnahmen von der Öffentlichkeit unbeachtet, und ihr Werk wurde oft – wenn überhaupt – erst spät gewürdigt.

Jahrhunderte später nennt man die Nachfolge dessen, was einst Beethoven und Mozart komponierten, Neue oder zeitgenössische Musik. Skeptiker*innen bezeichnen diese Musik manchmal nur als „nervende Geräusche“, da in diesem Genre mittlerweile alles erlaubt und mit allem experimentiert wird. Die Neue Musik kann man als eine Rebellin bezeichnen – und sie fordert sehr viel von den Zuhörer*innen. Es gibt keinen einfachen Entschlüsselungscode beim Zuhören wie bei der klassischen Musik aus vergangenen Jahrhunderten. „Jede*r Komponist*in darf sich etwas Neues ausdenken, die Selbstermächtigung ist ein wichtiger Teil dieser Musik“, sagt etwa die in Österreich lebende Kontrabassistin Margarethe Maierhofer-Lischka. Doch so sehr sich die zeitgenössische Musik seit Beginn des 20. Jahrhunderts in Form und Klang von der klassischen Musik

wegbewegt hat, so wenig spiegeln sich die Veränderungen auch in der Zusammensetzung der Szene wider. Denn das Vorantreiben der „Klangrevolution“ ist in erster Linie cis männlichen Protagonisten vorbehalten geblieben – zumindest bis jetzt.

©Marzena Skubatz

Die Neue Musik ist eher auf Festivals der Szene und in kleineren Räumen zu hören, weniger in den etablierten Konzert- und Opernhäusern des Landes. Trotzdem gibt es staatlich finanzierte Kompositionsstipendien für Neue Musik, auch das Land Berlin vergibt diese. Die Szene möchte vieles anders machen als der Klassikbetrieb: keine prunkvollen Säle mit dem immer gleichen, gut betuchten Publikum – und immer mehr Vertreter*innen der Branche setzen sich lautstark dafür ein, Frauen als Akteur*innen zu …