Utopie statt Heimat
Von
Von Yul Koh
„Geht es zurück in die Heimat?“ Die Sachbearbeiterin im Bürgerbüro in Jena blickt mich freundlich an. Ich stutze und lache verlegen: „Nach München? Nein, ich verlasse doch Deutschland.“ Sie schaut mich kurz an und lacht mit. Ich weiß, dass sie nicht München meint. Sie fragt, weil ich nicht „typisch deutsch“ aussehe. Was heißt das eigentlich?
Manchmal vergesse ich, dass ich durch mein Aussehen auffalle, dass ich für manche eine Ausländerin bin, obwohl ich in Deutschland geboren und aufgewachsen bin. Fragen und Aussagen, die meine „Fremdheit“ in den Fokus stellen, sei es bewusst oder unbewusst, fallen häufig. Aber seit den ersten Demos der Pegida begann ich mich immer unwohler zu fühlen: Die sprungartig angestiegene Präsenz der Rechten in Deutschland und die damit einhergehenden öffentlichen politischen Diskursen, aber vor allem die ständigen privaten Diskussionen und auch der Verlust von Freund*innen und Bekannten durch unterschiedliche Positionen lassen nicht nur bei mir das Gefühl der „Heimatlosigkeit“ entstehen.
Wie viele aus meinem Freund*Innen- und Bekanntenkreis hatte ich geglaubt, die Welt würde immer näher zusammenrücken, die Grenzen würden eingerissen werden und die Menschen toleranter. Stattdessen mussten wir feststellen, dass wir uns in einer kleinen Blase aufgehalten und naive Träume geträumt hatten und jetzt Politiker*Innen und Parteien an der Macht sind, die Stück für Stück unsere Träume auseinandernehmen.
Nach dem Duden online ist Heimat „Land, Landesteil oder Ort, in dem man [geboren und] aufgewachsen ist oder sich durch ständigen Aufenthalt zu Hause fühlt (oft als gefühlsbetonter Ausdruck enger Verbundenheit gegenüber einer bestimmten Gegend).“ Also ist meine Heimat jetzt Haidhausen, München, Bayern, Deutschland, Südkorea oder einer der anderen Orte, in denen ich…