Von: Ann-Madeleine Tietge
Illustration: Anna Beil

Michael* kümmert sich um die drei Kinder, die er mit Tanja hat, während sie ihrem Vollzeitjob nachgeht. Wenn Nicole und Christian ihre private Crossdressing-Party feiern, zieht er sich Strumpfhosen an und sie klebt sich einen Bart auf. Daniel und Lisa führen eine polyamouröse Beziehung, in der sie keine Besitzansprüche an die andere Person hegen. Julia plant, nach der Geburt ihres Kindes schnell wieder in ihre Dreiviertel-Stelle einzusteigen. Die Arbeit ihres Partners Alexander sei so „brotlos“, dass sie im Notfall für ihn mitaufkommen würde. Sebastian kocht und putzt mehr als seine Freundin Katharina. Sie sagt, sie würden sich in einem Prozess befinden, in dem sie sich immer wieder bewusst mit Geschlechterhierarchien auseinandersetzen.

Missy 02/20
© Anna Beil

Das sind nur einige Beispiele, wie heterosexuelle cis Paare versuchen, ihre Beziehung abseits traditioneller Geschlechternormen zu gestalten. Ich habe sie für meine Studie „Make Love, Don’t Gender!?“ interviewt, um herauszufinden, inwiefern sich Geschlecht in der heterosexuellen Paarbeziehung auflösen lässt. Dabei ging es mir nicht nur um eine gerechte Hausarbeitsteilung. Es war mir wichtig, auch unbewusste Vorstellungen von Geschlecht in den Blick zu nehmen, die die Paare nach bestimmten Mustern handeln und fühlen lassen. Denn genau diese unbewussten Vorstellungen verhindern meiner Ein- schätzung nach die angestrebte Geschlechteregalität.

Auch wenn die Paare bereits sehr emanzipiert sind, was bspw. ihre Arbeitsteilung und ihr Auftreten betrifft, scheitern sie mit ihrem Vorhaben vor allem an einem geschlechtlichen Muster. Sie verkörpern eine Mutter-Sohn-Beziehung. Auf den ersten Blick erscheinen die mütterlich wirkenden Partnerinnen z. B. als Alleinverdienerinnen dominant und überlegen. Die Partner hin- gegen wirken auf eine Art welpenhaft und zunächst abhängig, wenn sie nur hobbyartig ihren Berufen als Wissenschaftler oder Künstler nachgehen. Doch durch ihre selbstaufopfernde Haltung arbeiten die Partnerinnen (sowohl in Lohn- als auch in Hausarbeit) der Selbstverwirklichung ihres sohnhaften Partners zu. Für ihr Wohlbefinden müssen die Frauen vor allem selbst sorgen. Ihre Selbstverwirklichung bleibt dabei häufig auf der Strecke und die männliche Herrschaft besteht vor allem auf der emotionalen Ebene fort.

Ihre Überlegenheit drücken di…