Gesundheit zum Selbermachen
Von
Interview: Pia Masurczak
Wenn heute von Frauengesundheit die Rede ist, geht es meist um Brustkrebs, Schwangerschaften und – auf feministischer Seite – um Abtreibung. Wie hat die Westberliner Gesundheitsbewegung in den 1980er-Jahren auf das Thema geblickt?
Inga Zimprich: Für mich ist Frauengesundheit ein Teilbereich unserer Recherche gewesen. Die Idee war, zu fragen, wie wir als Kulturarbeiter*innen zu Gesundheit arbeiten können. Erst später ist unsere feministische Gesundheitsrecherchegruppe entstanden. An der Westberliner Gesundheitsbewegung war aus meiner Sicht wichtig, dass man gemeinsam Gesundheit politisiert hat. Und zwar Gesundheit als ein Regime, unter dem wir alle leben: Dazu gehören Körperpolitiken, Ableismus, Körpernormierungen.
Die Bewegung hat ein breites Spektrum an Werkzeugen entwickelt, wie man selbst anders mit Gesundheit umgehen kann. Und als ein Bereich kamen reproduktive Rechte, Selbstuntersuchung und auch selbstorganisierte Psychotherapie hinzu.
Julia Bonn: Als wir am Anfang unserer Recherchen das Feministische Frauengesundheitszentrum in Berlin besucht haben, stellten wir im Gespräch fest, dass schon unsere eigenen Gesundheitsprobleme breiter gefächert waren als das, was du angesprochen hast.
Ab wann gab es überhaupt eine eigenständige Gesundheitsbewegung?
IZ: 1980 fand in Berlin der Gesundheitstag mit 12.000 Besucher*innen statt, den der Gesundheitsladen, eine Initiative von kritischen Beschäftigten des Berliner Gesundheitswesens und Medizinstudent*innen, parallel zum Ärztekongress organisierte. Die brachten ganz verschiedene Ansätze mit, etwa aus der Antipsychiatriebewegung aus Italien, von radikalen Ärzt*innen aus Frankreich, der Krüppelbewegung, den Gesundheitsläden und der Frauengesundheitsbewe…