Von Bettina Enzenhofer
Illustration: Viktoria Grunjajew

Schwere Geburtsschäden und Todesfälle, verletzte Aufklärungspflichten und Dosierungsprobleme – ein Artikel vom Bayerischen Rundfunk und der „Süddeutschen Zeitung“ titelte im Februar, dass Ärzt*innen mit gefährlichen, nicht dafür zugelassenen Tabletten Geburten einleiten, und stieß damit eine Debatte über das Medikament Cytotec an. Ein Aufschrei folgte auch in den Sozialen Medien, viele erinnerten sich an die eigenen Geburtserlebnisse, an Wehenstürme, ungeduldige Ärzt*innen und Aufklärungsbögen, die zwar unterschrieben, aber nicht verstanden wurden. Pro Familia und Fachgesellschaften

reagierten mit Stellungnahmen: Cytotec an sich sei nicht das Problem, Schwangere sollten nicht mit Halbwahrheiten verunsichert werden.

Missy Magazine 03/20, Gesundheitstext
© Viktoria Grunjajew
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Cytotec wurde ursprünglich als Magenschutzmittel zugelassen. Das Medikament beinhaltet den Wirkstoff Misoprostol, der als Nebenwirkung Kontraktionen der Gebärmutter auslöst. Ärzt*innen können die Tablette im sogenannten Off-Label-Use für Geburtseinleitungen sowie in hoher Dosierung bei Abtreibungen einsetzen. Das bedeutet, dass ein Medikament außerhalb seiner Zulassung verwendet wird – das ist in der Geburtshilfe nicht ungewöhnlich. Bereits 2014 urteilte das renommierte Netzwerk Cochrane, dass oral gegebenes Misoprostol zu weniger Kaiserschnitten f…