Interview: Çiğdem Akyol
Fotos: Sibylle Fendt

Fatma, in deinem zweiten Roman ,,Dschinns“ zoomst du in die Lebenswelt der kurdisch – türkischen Gastarbeiterfamilie Yilmaz hinein. Du schilderst die Klüfte zwischen den Eltern und deren vier Kindern. Ein schonungsloses, bitteres, manchmal komisches Zeugnis von Ängsten und einer generationenübergreifenden Verlorenheit. Ausgangspunkt ist der Tod des 59-jährigen Hüseyin, der sich nach jahrzehntelanger Schufterei in Deutschland auf die Rente in der Eigentumswohnung in Istanbul freut, doch dann am Einzugstag an einem Herzinfarkt stirbt. Wie hast du zu dem Plot gefunden?
Ich habe 2019 einen Essay mit dem Titel „Arbeit“ veröffentlicht. Darin geht es um die Arbeitsmoral, die wir als Nachkommen von Arbeitsmigrant*innen verinnerlicht haben. Parallel dazu entstand das erste Kapitel von „Dschinns“. Es ist eine Art Unterhaltung mit Hüseyin, dessen Schicksal sinnbildlich für diese erste Generation von Migrant*innen steht, die sich hier kaputtgearbeitet haben und nichts davon hatten. Denn in dem Moment, in

dem sie chillen konnten, wurden sie entweder krank oder sind gestorben. Hüseyin stirbt auf den ersten zehn Seiten. Danach klapperte ich Kapitel für Kapitel seine Familie ab, um von ihnen zu erfahren, wer dieser Mann überhaupt gewesen ist.

Eine als weiblich gelesene Person steht vor einem hellblauen Hintergrund und trägt eine blaue Latzhose und ein orangenes Oberteil - Missy Magazine - Fatma Aydemir
© Sibylle Fendt

Während seine Kinder Ümit, Sevda, Peri und Hakan zu seiner Beisetzung eilen und Witwe Emine trauert, werden Fragmente aus der Vergangenheit und Gegenwart jeder*s Einzelnen gezeigt, die all die Wahrheiten widerspiegeln, mit denen sie zu kämpfen haben. Alle fühlen sie sich fremd – entweder in Deutschland, in der eigenen Familie oder auch in den eigenen Gedanken. E…