Von Olja Alvir
Der Regen läuft die Scheibe hinunter. Ein Tropfen hantelt sich schräg von einer Spurrinne zur nächsten. Die Muster, die der Fahrtwind mit dem Wasser zeichnet – wer hat sie noch nicht fasziniert beobachtet, ihre Details studiert? Hanna Fearns bestimmt, und zwar sehr genau. Schon der Opener ihres zweiten Albums „Turn On The Light“ weckt Erinnerungen an eine verregnete Autofahrt. „Put your hand on the wheel, the golden age begins.“ Folk- und Countryelemente, die sich durch die plätschernden Tracks ziehen, erinnern stetig daran: Wir sind in Bewegung.

Wie es sich für das Genre Roadmovie beziehungsweise Roadalbum gehört, steht das Werk symbolisch für das Auf und Ab, das Hin und Her des Lebens. Mit allem, was so dazugehört: In „Beyond Expectations“ etwa machen wir einen Zwischenstopp in einer Bar, machen einen Aufriss, eine Begleitung für einen flüchtigen Abend. Der One-Night-Stand-Song kommt ohne Herzschmerz und ohne Dramatik aus – eine willkommene Abwechslung zu den üblichen Anklagen enttäuschter Erwartungen in diesem Genre. Generell kommt Hanna Fearns wie unsere etwas abgebrühte, aber weise ältere Freundin rüber: Sie hat schon viel gesehen, also wirft sie nichts mehr aus der Bahn.
Das poppigste und süffigste Stück auf dem Albums ist „Act of Grace“, ein Duett mit Peter Rubel, das sich ganz in die Tradition von „Summer Wine“ (von Nancy Sinatra und Lee Hazelwood, oder – für jüngere Ohren – Ville Vallo und Natalia Avalon) stellt. Danach wird die Platte schlagartig ruhig – so wie sich im Winter der Himmel plötzlich verdunkelt. Die Fahrt ist lang, wir werden melancholisch: „Shivering and homesick, staring at a wooden floor.“
Hanna Fearns „Turn On The Light“
(Ufer Records/Jump Up)
Letztendlich schließt Hanna Fearns „Turn On The Light“ doch leise optimistisch – und konsequent mit Fahrmetaphern: „I’m driving in my big black car, nothing can go wrong.“ Eine angenehm gemäßigte Platte ohne Tempolimitüberschreitungen, wie geschaffen für einen Herbstnachmittag mit Autumn Wine.