Interview: Olja Alvir

Für deinen Film „Little Joe“ wollest du einen „female Frankenstein“ kreieren. Warum ist deine „Doktorin Frankenstein“ ausgerechnet eine Blumenzüchterin geworden?
Ich fragte mich, was meine Hauptfigur, die alleinerziehende Mutter und Wissenschaftlerin Alice, erfinden soll. Es sollte etwas Ambivalentes sein. Lange dachte ich an etwas, das Elektrosmog emittiert. Eine Idee war auch ein Apfel ohne Kerne – das würde ich mir ja immer wünschen –, aber da fehlt die Ambivalenz. In den Apfel muss man schließlich bewusst hineinbeißen. Den Duft einer Blume einzuatmen hingegen … Duft ist unsichtbar und die Vorgänge sind viel intransparenter. Es ist fragwürdiger, was passiert, wenn man den Duft inhaliert, und ob überhaupt etwas passiert. Das fand ich interessanter.

Missy Magazine 01/20, Kulturstory
©COOP99The Bureau Essential Films

Beinahe hätte ich eben von Rosen gesprochen, weil mich die Idee, dass eine Blume – und insbesondere auch die Zeit, die man ihrer Pflege schenkt – glücklich macht, an „Der kleine Prinz“ erinnert hat.
„You’ll love this plant like you love your own child“, sagt Alice zu Beginn. Das ist von Anfang an die Suggestion: Man muss sich kümmern, Verantwortung übernehmen, die Blume pflegen, und erst dadurch baut sich diese Bindung auf, die einen glücklich macht. Das wiederum ist eine Analogie zur Beziehung zwischen der Wissenschaftlerin und ihrem Kind. Diese Frau liebt ihren Sohn, aber sie liebt auch ihre Pflanze, ihre Arbeit.Teile diesen Artikel