Eine meiner bisher liebsten Phasen im Leben meines Kindes ist vorerst, mal gucken, was die Pubertät bringt, vorbei: die Autonomiephase – Teil eins. Von, ja, wie vielen eigentlich? Besser bekannt ist diese Phase als Trotzphase, was ich persönlich, und Psycholog*innen wohl auch, einen Scheißbegriff finde. Schließlich ist Abgrenzung nicht Trotz, sondern das Abstecken des eigenen Raums und das steht ja wohl allen, also auch Kindern gleichermaßen zu.

©Tine Fetz

Diese Phase lässt sich recht übersichtlich zusammenfassen: Mein Kind sagt „nein“ und zwar zu eigentlich allem.

Morgens beim Frühstück:
Ich: „Willst du Brot essen?“
Kind: „Nein.“

Mittags auf dem Spielplatz:
Ich: „Willst du rutschen?“
Kind: „Nein!“

Josephine Apraku

ist nicht mehr ganz so neues Elternteil, macht Bildungsarbeit zu Diskriminierungskritik, schreibt Dinge und gründet gerade neu.

Nachmittags an der Plansche:
Ich: „Möchtest du die Schuhe ausziehen?“
Kind: „Nein.“

Egal, welche Frage ich habe, das Kind sagt Nein und zwar auf die denkbar entspannteste Art. Das jeweilige Nein ist in der Regel eine unschlagbare Mischung aus: dreist, dass du überhaupt Worte an mich richtest (Untertanin), du langweilst mich, ich sage am liebsten Nein (in allen Ton- und Stimmungslagen) und die Antwort liegt auf der Hand (nein!). Manchmal wird statt „nein“ einfach nur „nei“ gesagt, als müsste anhand der ersten drei Buchstaben bereits klar sein, was gemeint ist.

Irgendwie finde ich das ziemlich cool. Auch weil ich bemerke, wie interessant das Kind es zu finden scheint, dass das Aussprechen dieses geradezu magischen Worts dazu führt, dass Dinge eben nicht geschehen. Mal abgesehen davon, macht es mir Spaß, das Glück in den Augen meines Kindes ob der besser funktionierenden Kommunikation und des Stücks mehr an Unabhängigkeit wahrzunehmen. Vor allem aber finde ich, dass die Art, wie das Kleinkind „nein“ sagt, eine feministische Superpower ist. Ich möchte mir davon die größte Scheibe abschneiden.

Völlig unaufgeregt und selbstverständlich „nein“ zu sagen, „nein“ zu sagen, als wäre klar, dass es an diesem keinen Weg vorbeigibt, weil nein eben nein heißt, ist eine Kunst. Eine, die ich manchmal beherrsche und die ich, wie ein Messer, noch mehr schärfen möchte. Dabei ist es nicht mal so, dass ich nicht gut Nein sagen kann – das kann ich –, aber selten mit der absoluten Coolness und Unumstößlichkeit, die mein Kind aktuell an den Tag legt.

Deshalb fällt mir im angesicht eines Streits mit einer Freundin, von dem meine Schwester mir erzählt, nachdem sie auf mein Kind aufgepasst hat, auch nix Besseres ein als dieser Rat: Setz eine Grenze, sag „nein“ und zwar nüchtern und standhaft – wie ein Kleinkind.